Monat: März 2019

27.03.2019 Blauwassergespräche

27.03.2019 Blauwassergespräche

Franz:

Heute möchte ich mal wieder meinen Beitrag leisten und einen Bericht posten.

Nachdem wir die Binnenuhus sicher in Georgetown am Dinghi-Steg abgeliefert hatten und uns wieder unserer Zweisamkeit zuwendeten, lernten wir in unserer allmorgendlichen Funkrunde Micha von der Samsara kennen.

Hier muss ich zum Leidwesen all meiner bayerischen Landsleute einmal einwenden, dass man als Blauwassersegler deutlich schneller Anschluss bekommen kann, als wenn man im Zug, Seite an Seite mit gefühlten hundert Passagieren, Richtung München fährt. Unsere Landsleute sind halt eher etwas zurückhaltend, was die Kontaktaufnahme betrifft!

Aber zurück zum Thema: Nachdem wir uns per Funk bekannt gemacht hatten, trafen wir uns bei einer Dose Bier, um unsere Geschichten auszutauschen. Und was man dabei erfährt, ist manchmal haarsträubend. Deshalb hier auszugsweise die Geschichte von Micha von der Samsara:

Micha´s Eltern hatten bereits eine Segelyacht. Somit wuchsen er und seine Geschwister quasi damit auf. Für Micha war sehr früh klar, dass er sich ebenfalls ein eigenes Boot kaufen würde. Allerdings wollte er, im Gegensatz zu seinen Eltern, einen Katamaran (Vor-und Nachteile der einzelnen Bootsformen werden definitiv innerhalb dieses Bloges zu einem späteren Zeitpunkt ausführlich diskutiert) kaufen. Er entschloss sich, über diverse Webseiten nach beschädigten Booten Ausschau zu halten. Nachdem er in Antigua fündig geworden war, erwarb er sehr günstig einen sturmbeschädigten Katamaran der Marke Leopard 40, Baujahr 2017 (also quasi brandneu). Die Schäden am Rumpf ( Strukturbrüche mit klaffenden Löchern inclusive Seewassereinbrüchen) reparierte er in monatelanger Arbeit. Beide Motoren zerlegte er, nachdem sie wochenlang dem Seewasser ausgesetzt waren, alleine. Wenn man, wie ich, versteht, wie die Versorgung sowie der Erwerb von Ersatzteilen auf entlegenen Inseln vonstatten geht, kann man ermessen, welche logistische, als auch finanzielle Herausforderung dies für Micha wohl gewesen ist. Schlussendlich musste er dennoch nach Deutschland reisen, um das eine oder andere Ersatzteil zu organisieren. Er ließ sein Schiff also in der bewachten Marina zurück. Als er Wochen später und vermutlich tausende Euro leichter, vollgepackt mit Ersatzteilen wieder in Antigua in der Marina ankam, stellte er fest, dass sein Schiff Opfer einer Diebesbande geworden war:

-Zigtausend Euro teuerer Generator (über hundert Kilo schwer und eingebaut), weg

-Mast inclusive Stagen und Wanten (man benötigt einen Kran, um dies zu demontieren), weg

-Navigationsgeräte (alle eingebaut, versenkt und verbaut), weg

-Einbauleuchten (die einfach geklipsten waren nicht mehr da, die verschraubten waren anscheinend den Aufwand nicht wert), weg.

Ich kann mich sehr gut in Micha hinenindenken, wenn man beim Kauf eines Lebenstraums seine Finanzen abcheckt, alles durchrechnet, alles auf eine Karte setzt, eine Menge Arbeit investiert, jeden Groschen zweimal umdreht und jede Anschaffung überdenkt und dann das!

Das nächste, was er natürlich machte: er ging zum Besitzer der Marina und meldete den Einbruch! Doch dann kam der eigentlich dicke Hammer. Der Chef der Marina tat dies mit einem Schulterzucken ab, nach dem Motto: hättest mal nicht dein Boot verlassen. Auf den Hinweis, manche Bauteile könne man ohne schweres Gerät garnicht ausbauen, ging er garnicht ein. Und, last but not least, ließ er anklingen, man könne ja seine gestohlenen Teile für umgerechnet 30.000 € zurückkaufen (was defacto einem Diebstahleingeständnis gleichkommt). Leider, so sagte mir Micha, war der Bruder des Marinabesitzers der örtliche Polizeichef! Spätestens hier muss ich einfügen, dass Antigua von den letzten Hurikans sehr stark heimgesucht wurde, was bedeutet, dass alles darnieder liegt und anscheinend ähnlich chaotische Zustände herrschen, wie in Venezuela.

Micha´s Wut kann ich nur ansatzweise nachvollziehen. Vollkommen pleite und bar jeder Hilfe von außen, alleine und umgeben von Korruption und Kriminalität. Nachdem er seine Optionen realistisch geprüft hatte, kam er zu dem Schluss: reisefertig machen, rauf auf´s Wasser und nichts wie weg! Nach einer abenteuerlichen Überfahrt, von der man ganz locker ein Buch schreiben könnte, trafen wir uns dann im trauten Kreis einiger Yachties in Georgetown.

Am Beispiel dieser Geschichte kann man als Außenstehender, so glaube ich, sehr plastisch nacherleben, welche Dramen sich tagtäglich vor unseren Augen abspielen. Ich finde  es extrem wichtig, dass  dieses Ereigniss erzählt wird.

Wir, jedenfalls von der Aton, wünschen Micha alles erdenklich Gute für seinen Trip und immer eine handbreit Wasser unterm Kiel.

26.03.2019 Auf zu neuen Abenteuern

26.03.2019 Auf zu neuen Abenteuern

Michi:
Wir sind jetzt seit gut 2 Monaten in den Bahamas unterwegs, und haben die Exuma-Kette insgesamt dreimal (alleine, mit Lothar und mit den Binnenuhus) befahren. Wir haben wunderschöne Inseln, traumhafte Ankerplätze und viele Fische gesehen, und freundliche Menschen kennengelernt. Das glasklare, in allen Blau- und Türkisfarben leuchtende Wasser, die vielen Sonnenauf- und untergänge, und auch dramatische Mondaufgänge und sternenklare Nächte haben uns jeden Tag aufs Neue begeistert. Die letzten, südlichen Inseln der Bahamas, nämlich Long Island, Rum Cay, Samana Cay und Mayaguana, warten auf uns. Nachdem wir viele Tagestörns, und auch so manchen Frühmorgen-Ableger, oder Spätabend-Anleger im Dunkeln geschafft haben, werden wir in naher Zukunft wohl auch unseren ersten Nacht-Schlag meistern dürfen. Die Entfernungen werden länger, und vor allem müssen die Wetterfenster genutzt werden. Da wir vorhaben, Richtung Süd-Osten nach den Turks und Caicos Inseln in Richtung Puerto Rico, und dann bis zur karibischen Inselkette zu segeln, haben wir in den nächsten Wochen, bedingt durch den Nord-Ost-Passat, sehr viel mit Gegenwind zu rechnen. Ein Segelboot kann maximal einen Kurs von 30 bis 330 Grad segeln. Das ist aber nicht schön, vor allem, weil man dann auch gegen die Wellen stampfen muss. Und das ist auf dem offenen Atlantik kein Spaß. Wir müssen also jeden Wind, der nicht gerade von östlichen Richtungen kommt, ausnutzen.
Wenn man seine Grenzen erweitern will, sollte man das in kleinen Schritten tun. Und so haben wir vor, unsere Etappen zu steigern, andere Segel auszuprobieren, und Nachtwache zu gehen. Im Gegensatz zu den alltäglichen Problemen unseres früheren Lebens sorgen wir uns jetzt, ob der Wind aus der richtigen Richtung und in der richtigen Stärke weht, ob die Wellen nicht zu wild und von der richtigen Seite kommen, hoffen, dass nichts Wichtiges kaputt geht, und wir unser Ziel wohlbehalten erreichen. Aber wir empfinden dieses Leben auf jeden Fall auch viel tiefer, spannender, bereichernder, naturnäher und bewusster. Wir verbringen so viele schöne Momente zusammen, meistern so viele Herausforderungen als Team, motivieren und ermutigen uns gegenseitig, teilen die schönen und auch die strapaziösen und nervigen Seiten des Blauwasserfahrens, und genießen es einfach, ganz im Hier und Jetzt zu leben. Um nichts auf der Welt würden wir diese intensiven Erfahrungen missen wollen. Egal, wie lange unser Abenteuer dauert, das kann uns keiner mehr nehmen, und wir werden immer an diese glückliche Zeit zurückdenken.

22.03.2019 Schrecksekunde in der Bank

22.03.2019 Schrecksekunde in der Bank

Michi
Unglaublich, wie schnell die zwei Wochen Urlaub der Binnenuhus vergangen sind. Wir hatten eine sehr schöne Zeit mit  vielen tollen Erlebnissen. Am letzten Tag waren Agnes, Peter und ich in Georgetown in der einzigen Bank, da Agnes dort Geld wechseln musste. Es stand eine lange Schlange an den beiden besetzten Schaltern an, von denen einer durch eine länger dauernde Privatunterhaltung mit einem Kunden blockiert war. Es wurde getratscht, gelacht, und etwas auf dem Handy angesehen. Ohne Skrupel und nicht wirklich diskret ließ man den Rest der Kunden warten. Als wir endlich dran waren, und Agnes das gerade getauschte Geld nachzählen wollte, schaute sie sich nach einem geeigneten Platz hierfür in der Bank um. Direkt an der großen Fensterfront war ein Tisch mit Stühlen, aber da saß schon eine junge Frau. Also gingen wir an das Ende des Schalters und Agnes zählte nach. Ich schaute gerade aus dem Fenster, als plötzlich mit einem gewaltigen Knall ein Auto durch die Fensterfront fuhr, und dort hängen blieb. Dabei explodierte der Gasdruck-Dämpfer des Türöffners mit einem gewaltigen Knall und eine dreiteilige Zwischenwand aus Glas sprang in den Raum. Die junge Frau an dem Tisch sprang gottseidank rechtzeitig auf und konnte sich in Sicherheit bringen. Peter dachte wegen des Knalls sofort an einen Sprengstoff-Anschlag. Nachdem wir realisiert hatten, was eigentlich los ist, und wir uns von dem Schrecken einigermaßen erholt hatten, hatten wir alle drei weiche Knie. Es stellte sich heraus, dass der Fahrer eines vor der Bank geparkten Wagens das Brems- mit dem Gaspedal verwechselt hatte. Somit machte das Auto einen Satz nach vorne, wo eine kleine Beton-Begrenzung wie eine Rampe wirkte, und den Wagen in die Fensterfront springen ließ. Die beiden Insassen des Autos blieben einfach sitzen, und warteten auf den Abschleppwagen. Gottseidank wurde niemand verletzt.


Währenddessen wollte Franz unseren Computer abholen, den wir zwei Wochen vorher zur Reparatur abgegeben hatten. Von unterwegs aus versuchten wir einige Male zu erfahren, ob ein Fehler für das extrem langsame Agieren des PC`s gefunden wurde. Immer wieder versprach man uns einen Rückruf, der aber leider nie kam. Vor Ort stellte sich dann heraus, dass mit der Fehlersuche noch gar nicht angefangen wurde, weil man ja „so viel Arbeit hat“. Franz machte deutlich, dass wir in einigen Tagen weiter müssen, und deswegen dringend Handlungsbedarf besteht. Man versprach wieder, sich noch am gleichen Abend darum zu kümmern, und siehe da, tatsächlich rufte uns der Techniker an, und wir konnten den PC am nächsten Tag wieder abholen. Geht doch.

Leider hatten wir mit dem einzigen Segelmacher in Georgetown kein Glück, da der gerade nicht da ist, und erst wieder in 1 – 2 Wochen kommt. Also müssen wir die Segel profisorisch so bearbeiten, dass nichts weiterreißen kann, und hoffen, dass es bis zu einer professionellen Reparatur hält. Wir füllten unsere frischen Lebensmittel auf, und staunten auch dieses Mal wieder über die gesalzenen Preise (eine kleine Dose Trockenmilch kostet z. B. $ 10,00). Jetzt müssen wir nur noch auf ein geeignetes Wetterfenster warten (das sich für Anfang nächster Woche andeutet), und werden dann die letzten Schläge in den Bahamas angreifen.

21.03.2019 Franz baumelt am Mast

21.03.2019 Franz baumelt am Mast

Michi

In Little Farmer`s Cay entschlossen wir uns, für eine Nacht am dortigen Jacht-Club anzulegen, da Franz die Batterien mit Land-Strom vollladen, und kontrollieren wollte. Unser Strom-Anzeiger geht nämlich immer weiter nach unten, und wir wissen nicht wirklich, warum. Dieser Jacht-Club (der definitiv auch schon bessere Zeiten gesehen hat) besteht eigentlich nur aus einem Steg, einem Restaurant, und einem älteren Paar , die ihn betreiben. Er heißt Roosevelt – Nixon (das ist kein Witz), und sie kocht. Auf dem Weg dorthin bestellten wir noch telefonisch Lobster bei einem hiesigen Fischer, den wir letztes Mal dort kennengelernt hatten (Lob sei meinem Leute-Anquatscher). Wir legten an, und fuhren auch gleich mit unserem Dinghi in den Ort, wo wir im Hafenbecken Schildkröten und verschiedene Fische bewunderten, die von einem Einheimischen angefüttert wurden. Wir holten unsere vier Lobster-Schwänze ab und fuhren wieder zurück. Abends genehmigten wir uns das erste Mal ein Restaurant-Essen im Jacht-Club. Wir waren das einzige Schiff, und somit auch die einzigen Gäste dort. Es gab Grouper, der frittiert zubereitet wurde, und sehr lecker schmeckte. Franz entdeckte, dass lediglich unser Strom-Anzeige-Gerät falsche Informationen liefert, und wir somit viele Stunden unseren Generator umsonst laufen gelassen hatten. Am nächsten Tag waren wir erst mal schockiert über den Preis, den wir zu zahlen hatten: 272,– $ für eine Nacht am Steg, und ein Essen für vier (nicht zu vergessen viermal duschen, was auch eigens mit $ 20,00 berechnet wurde, sowie Landstrom für $ 50,00 pauschal). Wir wissen schon, warum wir so gut wie nie in eine Marina gehen. Schade, dass die Exumaner (oder wie die heißen) nicht erkennen, dass sie viel mehr Geschäft machen würden, wenn sie ein bisschen Service bieten würden (z. B. den Anleger umsonst, und dafür geht man hier abends essen). Da könnten die sich im Mittelmeer mal ein Beispiel nehmen, denn das ist dort gang und gäbe.

In Musha Cay ankerten wir direkt vor der Privat-Insel des Zauberers David Copperfield und bewunderten den mit Cocos-Palmen angelegten Sandstrand, die diversen wunderschönen Strand-Häuser, und (wieder einmal) das glasklare Wasser ringsum. Wir waren schon alle vier ganz gespannt, wie uns der Lobster gelingen wird; schließlich war es das erste Mal, dass wir selbst einen zubereiteten. Wir recherchierten im Netz, und diskutierten, wie wir die Sache angehen können.

Wir kochten dann die vier Schwänze im Salzwasser ca. 8 Minuten, halbierten sie dann der Länge nach, und bepinselten das Fleisch mit etwas Knoblauch-Butter. Dann ab in den Ofen damit und überbacken. Als es ziemlich angebrannt roch, sahen wir dass die Kruste eines Schwanzes oben bereits schwarz war (unser Backofen ist nicht sehr hoch, und die Oberhitze kann man nicht regulieren). Also doch Unterhitze. Nach ca. 10 Minuten holten wir sie raus, und fingen an, das köstliche Fleisch zu essen. In der Mitte waren die Schwänze aber noch glasig, und so kamen sie nochmal für einige Minuten in den Ofen. Nun schlugen wir uns die Bäuche voll, denn pro Schwanz war richtig viel Fleisch drin. Nachdem wir um 21.3o Uhr schließlich fertig gegessen und gespült hatten, brauchten wir alle einen Bahamas-Rum, der uns tief und fest schlafen ließ.

Nächste Station: Leaf Cay im Süden der Exumas. Genau wie die gleichnamige Insel im Norden der Exumas gibt es hier Iguanas (also Echsen) am Strand. Ständig kamen Motorboote mit Touristen, um diese zu bestaunen. Erst am Abend, nach einem schönen Sonnenuntergang, hatten wir diese schöne Bucht für uns alleine. Wir genossen (wieder einmal) einen wunderschönen Sundowner, sowie aufgrund des Mondlichts eine taghelle Nacht.

Da es am nächsten Morgen windstill war, wollte Franz in den Mast steigen, um zu überprüfen, warum sich unsere Genua auf einmal so schwer einziehen lässt. Erst probierte er den neu erstandenen „Mastclimber“ aus, mit dem er mittels eigener Muskelkraft hinaufsteigen kann. Wir sicherten ihn am sogenannten Bootsmannstuhl (ein Sitz, mit dem man in den Mast gezogen werden kann). Es ging sehr langsam voran, da er die Schlaufen, in denen seine Füße steckten, immer wieder nachziehen und festmachen musste. Auf halber Höhe ächzte der Bootsmannstuhl, und wir beschlossen, dass er wieder runterkommen soll. Beim zweiten Versuch zog er sich eine Rettungsweste an, und wir befestigten das Sicherungsseil an der Weste, und nicht am Bootsmannstuhl (denn wenn dieser aufgeht, nutzt das auch nichts). Dieses Mal ohne „Mastclimber“, das hieß, das Seil um die Winsch am Mast legen, und per Muskelkraft hochziehen. Da wir das im Notfall zu zweit machen müssen (also Franz geht hoch zum Reparieren, und ich bin unten), bediente ich die Winsch. Peter sagte schon „das geht aber schwer“, dann begann ich zu winschen. Ich musste mich ziemlich plagen und weiß jetzt auch, für was ich allmorgendlich unter anderem meine 30 Liegestützen und 7 Klimmzüge mache. Gottseidank habe ich dank jahrzehntelangem Training und vielen Jahren Leistungssport genügend Kraft aufgebaut, die es nun nur noch zu erhalten gilt. Also gab ich alles, und nach mehreren Verschnaufpausen war Franz an der Mastspitze angelangt. Nur gut, dass er so abgenommen hat! Er sah, dass er ein Schmiermittel aufbringen musste, und ließ das Wäscheseil runter, damit wir dieses befestigen, und er es wieder hochziehen konnte. Aber da hatten wir dann doch unseren Mast mit seinen fast 18 Metern unterschätzt, und das Wäscheseil baumelte gerade in der Hälfte. Wir hatten jedoch die Idee, die Dirk, eine Leine, mit der man den Baum anheben kann, abzunehmen, und befestigten eine Tasche mit dem Schmiermittel daran. Franz zog das hoch, schmierte oben, und schon ging die Genua wieder „wie geschmiert“ rein und raus. Als wir ihn dann wieder runterließen, beschwerte er sich schon bitterlich, dass ihm sein bestes Teil furchtbar wehtut, weil genau im Schritt der Gurt der Rettungsweste mit der Sicherungsleine straff gezogen war. Ein bisschen musste er noch aushalten, aber dann war er glücklich wieder unten.

Und weil`s gerade so schön windstill war, und auch keine Wellen in diese schöne Bucht liefen, probierten wir noch unsere Fock aus. Wir haben nämlich neben der Genua und dem Hauptsegel noch eine Sturmfock, und eine normale Fock (also kleinere Vorsegel), die man je nach Wind und Kurs setzen kann. Hierzu wird der sogenannte Babystag, ein zweites Vorstag, an dem die Fock angeschlagen wird, hinter der Genua gesetzt. Wir zogen die Fock hoch, und begutachteten dieses. Es ist, genauso wie die Sturmfock, in einwandfreiem Zustand, und wir wissen nun, wie wir diese Segel bei Bedarf benutzen können. Leider ist unser Hauptsegel oben ausgerissen, und wir müssen sehen, dass wir es in Georgetown nachnähen lassen können, bevor wir die Exumas verlassen, und Richtung Turks und Caicos-Inseln weitersegeln können.

Als wir mittags dann zwecks fehlendem Wind im Atlantik weiter gen Süden motorten, legte Franz gerade die Schleppangel aus, mit der wir (bisher vergebens) versuchen, einen Fisch zu angeln. Ich war gerade am Ruder und sah etwas vor uns, dass dort weiße Schaumkronen auf dem Wasser auftauchten, obwohl das Wasser ringsum „ölig“ war, also nur die lange Atlantik-Welle anstand, die sich aber nicht bricht. „Was ist denn das?“, fragte ich, und wollte schon ausweichen, weil ich ein Riff vermutete. „Das sind Fische“, „schnell, fahr dahin“, kam unisono von Franz und Peter. Ich fuhr also mittenrein in einen Schwarm Fische, die von einem Räuber flüchteten. Peter und Agnes gingen nach vorne, und sahen einen großen Hai räubern. Er streckte die Rückenflosse über Wasser (wie man das vom „Weißen Hai“ kennt), und pflügte den fliehenden Fischen hinterher. Erst als unser Schiff sich näherte, tauchte er ab. Wir hofften natürlich, dass auch andere Räuber unterwegs sind, und an unserem Köder anbeißen, aber leider hatten wir auch dieses Mal kein Glück. Naja, irgendwann wird schon mal einer anbeißen.

17.03.2019 Fische, Fische, Fische

17.03.2019 Fische, Fische, Fische

Michi

In Warderick Wells gab es zwei Riffe zu erkunden, wir mussten aber noch auf das Kippen der Gezeit warten, da wieder mal der Strom zu stark zum Schnorcheln war. Ein Ammenhai und ein großer Rochen, die um Aton herumscharwänzelten, verkürzten uns jedoch die Wartezeit. Der Hai kam ganz nah an unsere Badeplattform heran, und hat uns richtig angeguckt.


Als dann der Rochen ums Schiff herum schwamm, ging zuerst Peter ins Wasser, um ihn zu fotografieren; später ging ich dann noch rein, aber da war er weg – nur noch ein Kofferfisch zog seine Bahn ums Schiff. Die Korallen an den Riffen und auch die Fische waren so vielfältig in ihren Farben und Formen, da hat die Natur richtig aus dem Vollen geschöpft. Agnes entdeckte einen schönen, großen Lobster, der sich daraufhin in einer Höhle verkroch. Man hat das Gefühl, mitten in einem riesigen Aquarium zu schwimmen. Das glasklare Wasser lässt einen alles überdeutlich erkennen, und die Sonne zaubert manch schimmernden Strahl dazwischen.

Auf unserer nächsten Insel, Staniel Cay (wo wir Lothar abgeholt und zurückgebracht haben), ankerten wir dieses Mal direkt neben einem großen Felsen. Wir haben eine App, die uns außer den Seekarten noch Informationen liefert, und dieser haben wir entnommen, dass hier die durch einen James-Bond-Film bekannt gewordene „Thunderball-Grotte“ ist. Wir schnorchelten also zum Felsen-Inselchen hinüber. Franz sah als erster einen anderen Schnorchler untertauchen, und nicht wieder zurück kommen. Sollte hier die Grotte sein? Von außen war nichts zu sehen. Also hieß es: ausprobieren. Er tauchte unter, und sah auch schon die Sonnenstrahlen durch die Decken-Öffnung der Grotte leuchten. Er tauchte wieder zurück, um mir Bescheid zu geben, und auch ich wunderte mich, wo hier der Eingang der Grotte sein soll. Also tauchte auch ich „blind“ hinein. Ich sah zwar Sonnenlicht weiter hinten, aber über mir war alles dunkel. Also tauchte ich vorsichtig auf, und hielt meine Hand nach oben, um zu fühlen, ob Luft oder Fels an der Oberfläche auf mich wartet. Es war Luft, und ich tauchte auf. Ich wurde durch eine zauberhaft schöne, geheimnisvolle Grotte belohnt. Sie war ungefähr halb so groß wie unsere Aton, oben und zur anderen Seite hin waren Durchlässe, durch die das Sonnenlicht hereinschien. Wegen der starken Strömung musste man ziemlich paddeln, aber ich fand eine Stelle, wo ich mich am Rand auf den Felsen setzen konnte. Am Schönsten jedoch war es, unterzu-tauchen. Es wimmelte von Fischen, und wir mittendrin. Ich wollte gar nicht mehr weg, so beeindruckte mich das alles. Wie viele schöne, besondere Momente haben wir jetzt schon erleben dürfen, und es werden immer mehr.

13.03.2019 Mangroven und Palmenwald

13.03.2019 Mangroven und Palmenwald

Michi

Wie schon mit Lothar, wollten wir auch gerne mit Peter und Agnes in Shrout Cay den schönen Ausflug durch die Mangroven machen. Franz blieb an Bord, und wir drei machten uns auf den Weg. Der Außenborder ließ uns nicht im Stich, und wir tuckerten durch das glasklare Wasser durch die Mangroven und genossen die ganz besondere Atmosphäre. An einer Stelle hatten wir soviel Gegenstrom, dass wir trotz Vollgas fast nicht mehr voran kamen. Aber wir kämpften uns durch, und danach ging es wieder gut weiter. Nach ca. einer Stunde kamen wir auf der Atlantik-Seite an, wo wir auf einem Hügel die Mangroven-Landschaft noch einmal von oben bestaunen konnten. Grüne, niedrige Mangroven-Büsche wechseln sich ab mit Sandebenen, die fast wie eine Wüste aussehen. Auf der anderen Seite tobt der Atlantik, und zeigt die ganze Palette von Blau-, Grün- und Türkis-Farben. Wir waren dankbar und glücklich, diese besonderen Eindrücke und Momente erleben zu dürfen.

Unsere nächste Station war Hawksbill Cay. Kaum war der Anker gefallen, gingen wir noch an einem nahen Riff schnorcheln, um dann den Abend in unserem Cockpit ausklingen zu lassen. Am nächsten Morgen wollten wir auf einem Wanderweg die Insel durchqueren. Als wir mit unserem Dinghi am Strand angelangt waren, sahen wir nicht weit entfernt zwei Kanus am Strand liegen. Ich dachte mir noch, warum dort so viele Dinge um die Kanus herum ausgebreitet sind, als Franz auch schon zu den Leuten dort hinüberging (ihr wisst ja, Franz der „gesellschaftsuchende Leute-Anquatscher“ – siehe Beschreibung der Crew). Wir gingen ihm hinterher, denn wir waren ja auch neugierig. Es handelte sich um ein kanadisches Ehepaar, die zwei Kinder dabei hatten. Die Kinder kauerten sich in den Schatten von niedrigen Büschen, und die Eltern erzählten uns, dass sie mit den Kanus (!) in den Exumas unterwegs sind. Der Mann war total von der Sonne verbrannt, und ich konnte es gar nicht fassen, wie man sowas machen kann. Je nach Wind und Strömung gibt es schon manchmal ganz ordentliche Wellen, die wir mit unserer Aton einfach so durch-pflügen – aber mit einem Kanu? Und wenn einer mal unter der Fahrt aufs Klo muss? Nie eine Dusche? Nie ein Bett? Nie ein Dach über dem Kopf? Ich war echt platt – und so froh, dass wir unser Heim dabei haben.

Der Wanderweg war übrigens sehr schön; es ging durch einen schattigen Palmenwald (diesmal ohne Mosquitos). Wir bestaunten die Pflanzen und Geckos, und die Aussicht.

An der Atlantik-Küste stürzten wir uns an einem kilometerlangen, einsamen Strand wagemutig in die Brandung. Wir stellten uns vor, wie auf der anderen Seite des Atlantiks, in Frankreich, Portugal oder Spanien, derselbe Strand wahrscheinlich von Hotels zugebaut, und von Touristen bevölkert wäre. Zwar nimmt auch in den Exumas der Tourismus zu, wie man uns gesagt hat. Von Jahr zu Jahr kommen mehr Boote und Jachten, aber trotzdem widerstehen die Menschen hier der Gier nach dem schnellen Dollar. Es gibt kaum Hotels, kaum Geschäfte und Restaurants, und vor allem im Exuma Nationalpark wird sehr auf die Umwelt geachtet. Hoffentlich bleibt das noch lange so.

10.03.2019 Paradiesischer Ankerplatz in Saddle-Cay

10.03.2019 Paradiesischer Ankerplatz in Saddle-Cay

Aton:

Nachdem der Wind heute und morgen ideal für unseren Kurs in die nördlichen Exumas war, wollten wir so viel Strecke wie möglich machen. Wir starteten also erneut, und dieses Mal klappte alles wunderbar. Man muss wissen, dass Peter und Agnes einen ganz großen Anteil daran haben, dass Franz und Michi überhaupt segeln. Nach vielen Segelausflügen mit ihrer Albatros auf dem Ammersee, nahmen sie die ganze Familie Heimann auf deren ersten Charter-Törn nach Kroatien mit.
Der Rest ist hier auf der „Story“ nachzulesen. Somit musste ich mich also besonders anstrengen, um einen möglichst guten Eindruck zu hinterlassen. Schließlich wollte ich Michi und Franz ja nicht blamieren. Ich legte mich also geschmeidig in die Wellen, und holte so um die beständigen 6 bis 8 Knoten raus. Prompt meinte Peter, ich laufe sehr gut, und auch Agnes fühlte sich sichtlich wohl, denn sie verschlief einen guten Teil des Tages auf dem Vordeck, oder im Cockpit. Die beiden finden mich „gemütlich“ und sind mit ihrer Gästekabine und dem Gästebad sehr zufrieden. Wir machten noch einen Tankstopp, wo meine Diesel-, Benzin, und Wasservorräte aufgefüllt wurden. Dann ging es  bis zum Abend weiter nach Rudder Cut Cay, wo wir eine ruhige Nacht inmitten einiger anderer Jachten hatten. Am nächsten Morgen wollte meine Crew gerne den Sonnenaufgang auf See erleben, weswegen um fünf Uhr schon Betriebsamkeit herrschte. Wir legten ab und glitten in den Atlantik, von absoluter Dunkelheit und einem zigtausendfachen Sternenglitzern umgeben. Schon bald war ein leichtes Morgengrauen zu erahnen, und meine Crew war ganz hingerissen von dieser Stimmung. Das Wasser leuchtet dann silbrig-grau, der Horizont, erst nur erahnbar, schält sich langsam aus dem Dunkel der Nacht, und es herrscht eine absolute Stille und Ruhe. Nur das Rauschen der Wellen und des Windes – einfach nur schön. Da macht das Leben als Segel-Jacht richtig Spaß! Wir nutzten den Ost-Wind, um ganz im Norden der Exumas, in Saddel-Cay zu ankern. Von dort können wir jetzt gemütlich wieder Insel-hüpfender Weise zurück bis nach Georgetown. Obwohl wir hier bereits am 06.02. mal waren, und bereits da bei der engen Einfahrt die Nerven meiner Skipper zum Zerreißen gespannt waren, ob die Wellen an der engen Einfahrt eine ausreichende Tiefe unter sich haben, war es auch dieses Mal wieder genauso. Wir hatten zwar weitaus weniger Welle und Wind als letztes Mal, aber die Gezeiten-Strömung gegenan. Außerdem schaute es wirklich genau so aus, als würden spitze Felsen unter den Wellen rausschauen. Aber entgegen drei sehr skeptischen Meinungen (Peter sagte danach, er wäre da nicht reingefahren) erinnerte sich Franz an das letzte Mal, und gab einfach Gas. Augen zu und durch. Es ging alles gut, mein Bauch passte durch, und Peter und Agnes trauten ihren Augen nicht, als sie den türkisblauen Riesen-Pool sahen, durch den wir jetzt glitten. Wir ankerten an derselben Stelle wie letztes Mal, und waren alle zusammen wieder vollkommen verzaubert von diesem Traum-Ankerplatz. Obwohl Michi vor der Strömung hier warnte, sprangen alle sogleich in das kristallklare, hellblaue Wasser, um sofort festzustellen, dass man bestenfalls auf der Stelle bleiben kann, wenn man kräftig schwimmt.

Michi
Wir wollten an den Felsen, die den Ankerplatz gegenüber der Insel einrahmen, ein bisschen schnorcheln, und gleichzeitig dort unseren Lobster-Fangkorb, welchen wir mit Katzenfutter bestückt haben, ausbringen. Tatsächlich war dort ein kleines Riff, mit schönen Korallen und Riff-Fischen. Als wir für den Rückweg alle wieder im Dinghi waren, versuchte Franz den Motor anzuwerfen, aber der wollte partout nicht anspringen. Was nun? Rudern mit vier Leuten gegen den immensen Strom geht nicht, zurück zum Schiff schwimmen geht wegen des Stromes auch nicht. Franz ruderte mit dem Leichtgewicht Agnes aus Leibeskräften, und schaffte es auch mit letzter Kraft, das Schiff zu erreichen. Peter und ich überlegten, wie wir jetzt zum Schiff kommen. Peter hatte den Einfall, dass wir mit unseren Flossen quer über den Strom zur anderen Seite auf die Insel schwimmen können, dort am Strand entlang Richtung Schiff laufen, um dann mit dem Strom zum Schiff zu schwimmen. Schlimmstenfalls werden wir abgetrieben, und müssen halt dann irgendwie barfuß die Insel entlang laufen, dachten wir uns. Also wagten wir es. Im Eifer des Gefechtes verlor ich gleich am Anfang meinen Schnorchel, und Peter hatte sowieso seine Taucherbrille ins Dinghi geworfen. Es ging aber alles gut (Lob sei meinen vielen Stunden Schwimmtraining im Triathlon-Verein), und wir kamen auf der anderen Seite an, ohne allzuviel abgetrieben zu werden. Unser Plan ging auf, und wir erreichten unser Schiff von der anderen Seite her. Franz hatte sich schon an die Fehlersuche des Außenborders gemacht. Schnell war die Ursache gefunden: da ein professioneller Ersatztank mit Pumpe fast 200,00 $ kosten, hatten wir unser Ersatz-Benzin in einer 1 Gallone-Plastik-Flasche abgefüllt. Diese hat sich wohl vom Kraftstoff teilweise aufgelöst, und die Harze haben nun den Vergaser verklebt. Franz und Peter bauten den Vergaser aus, reinigten ihn, und schon lief der Motor wieder.

Da wir uns am absolut schönsten Ankerplatz der Exumas befanden, beschlossen wir, unsere für diesen Zweck teuer eingekauften Steaks (2  große Stück für knapp $ 40,00) zu opfern, und am Strand ein Lagerfeuer zu machen. Franz hatte bei Peter einen Grillrost „bestellt“, und auch prompt einen geliefert bekommen. Wir sammelten Holz, entfachten ein Feuer, und während dieses runterbrannte, erkundete ich mit Agnes den Rest der Insel. Über den Hügel (eine mit Palmen bewachsene Sand-Düne) gelangte man zu einem anderen Sandstrand, und von dort zur Atlantik-Seite der Insel. Auf einem weiteren Hügel sahen wir, dass es auch ein paar Häuser gab. Wahrscheinlich Ferien-Häuser, da es hier ja weit und breit außer Natur pur und Traum-Stränden nichts gibt. Wieder zurück am Lagerfeuer ließen wir uns während des Sonnen-Untergangs unsere butterweichen Steaks mit Kartoffel-Salat schmecken. Es war ein Gedicht! Wegen des hohen Preisniveaus für Lebensmittel steht Fleisch nur noch ab und zu auf unserer Speisekarte, und so leckere Steaks hatten wir schon ewig nicht mehr bekommen. Dazu der laue Abend und die traumhafte Bucht; wir waren alle vier absolut selig.

09.03.2019 Der Tag der Umkehr

09.03.2019 Der Tag der Umkehr

Franz:

Nach einem gemütlichen Frühstück mit den mitgebrachten Köstlichkeiten fuhren Agnes und Michi zum Einkaufen. Auf meinen Vorschlag (den ich einige Tage vorher gemacht hatte), genügend Rum zu kaufen, hatte ich bereits die die Antwort bekommen, dass dieser sicherlich reiche. Agnes war ganz schön schockiert von den mehr als gesalzenen Preisen. Vor allem die enorm teuren Weine (unsere Gäste sind sehr gute Weinkenner) führten dazu, dass alkoholhaltige Getränke vom Einkauf ausgenommen wurden. Während unsere Damen den Supermarkt durchshoppten, begannen wir Männer, das Schiff auslauffertig zu machen. Wir gingen zuerst das Rigg (Mast, Baum, Stagen, Wanten ect.) und die Segel durch. Anschließend widmeten wir uns dem Anker. Dabei bemerkte Peter unsere Ankersicherung (ein, durch die Ankerkette geführtes Seil, das am Schiff als Zugentlastung befestigt wurde). Wir schwelgten genüsslich in Erinnerungen an vergangene Segeltörns mit Freunden, bei denen unerfahrene Mitglieder unserer Crew diese Ankersicherungsleine beim Einholen nicht gelöst hatten. Das Resultat war, dass sich die Leine mit der Ankerkette und der Ankerwinsch verknotet hatte, und wir im Anschluss unsere liebe Not hatten, das Dilemma wieder zu lösen. Nachdem wir alle Leinen klargemacht und alle Luken geschlossen hatten, kamen auch schon Michi und Agnes vom Einkauf zurück. Wir räumten das Mitgebrachte in Kühlschränke, Staufächer und Gemüsenetze (Fahrtensegler verstauen Obst und Gemüse in einer Art Hängematte, da diese dort gut durchlüftet sind und weniger Druckstellen erfahren). Dann waren wir endlich abfahrbereit. Michi stand am Ruder, Peter und ich bedienten den Anker. Nachdem der Motor gestartet und das Getriebe in Vorwärtsfahrt gebracht wurde, zeigte ich unserer Rudergängerfrau die Richtung an, in welcher die Ankerkette lag. Während sich unser Schiff mehr und mehr der Stelle näherte, an der unser Anker lag, holte unsere Ankerwinsch Meter für Meter die Kette in den Ankerkasten. Plötzlich blockierte die Ankerwinsch. Ich gab Michi das Zeichen, aufzustoppen. Wir fierten die Kette etwas (Kette nachlassen) und starteten den Vorgang nochmals. Nach wenigen Metern stoppte die Winsch abermals. Peter und ich sahen uns an und überprüften zügig den Kettenmechanismus. Und da sahen wir auch schon das Problem. Wir hatten unsere Zugentlastung vergessen zu öffnen. Somit war exakt das passiert, was sonst nur unerfahrenen Seglern passiert (s. o.). Nachdem wir uns kurz über unsere eigene Dummheit geärgert hatten, lösten wir unser Problem, bargen den Anker und fuhren zügig aus dem Feld von Ankerliegern. Der Wind hatte so zugenommen, dass der Tag sportliche Segelbedingungen versprach. Einzig die aufkommende Bewölkung machte mir etwas Bedenken. Da wir aber eh nur eine relativ kurze Strecke (ca. 20 SM) segeln wollten, um zu Tanken und unseren geplanten Ankerplatz anzulaufen, bestand formell kein Grund zur Sorge. Also nichts wie raus ins Fahrwasser. Sobald es das umliegende Gewässer zuließ, drehte ich (wir hatten die Plätze getauscht und ich war Rudergänger) in den Wind. Peter und Michi setzten das Großsegel. Sobald das Segel durchgesetzt und das Großfall gesichert war drehte ich das Schiff in die gewünschte Richtung. Die Großschot wurde gefiert und der einfallende Wind (er hatte mittlerweile deutlich die 20 Knoten überschritten) blähte unser Segel. Mit guten 6 Knoten Fahrt nur unter Großsegel stellte ich unseren Diesel ab. Wir alle genossen die plötzlich eintretende Ruhe. Als nächstes setzten wir die Genua. Die Geschwindigkeit unserer Aton nahm beträchtlich zu. Nun hieß es, gut zu manövrieren. Die teilweise recht engen Fahrgewässer, eingegrenzt durch Sandbänke, Riffe und Felsen, machten das Segeln zur Herausforderung. Zuerst ging es auf halben Wind Richtung Norden. Dann zeigte mir mein Plotter (ein GPS-gestütztes Gerät mit Gewässerkarten und etlichen Zusatzfunktionen) an, dass das Fahrwasser nach Backbord schwenkt. Dies bedeutete für mich den Kurs neu zu setzen und mehr Raumschot (Windeinfall achterlicher als querab, grins) zu segeln. Im weiteren Kursverlauf war mir klar, dass wir halsen mussten (Kursänderung, bei der der Wind von hinten, achtern durchläuft, was dazu führt, dass der Großbaum von einer zur anderen Seite durchschwenkt). Ich teilte dies meinen Mitseglern mit. Da aber mittlerweile der Wind beträchtlich zunahm und gleichzeitig ein enormer Regenguss über uns herfiel, beschlossen wir, unsere Segelanzüge und Rettungswesten anzulegen. Während sich unsere Mitsegler anzogen und Michi unter Decks meine Segeljacke hersuchte, krachte über uns ein Gewittersturm. Vollkommen durchweicht stand ich nur mit Badehose und T-Shirt bekleidet am Steuer und versuchte die Gläser meiner Brille so zu schützen, dass ich etwas sehen konnte. Wir rauschten mit über 8 Knoten Fahrt die enge Fahrrinne entlang. Der Abstand zu unserem nächsten Kursänderungspunkt verringerte sich auf- grund des Tempos dramatisch schnell. Falls es uns nicht rechtzeitig gelänge, mittels einer Halse unseren Kurs zu ändern, würden wir auf das nahe Riff auflaufen. Die immer stärker werdenden Windböen versetzten unseren Rumpf ins Luv (dem Wind zugewandte Seite) und ließen das Rigg von Aton erzittern. Nach jeder durchlaufenden Böe musste ich mit aller Kraft das Ruder herumreißen und den Kurs korrigieren. Nach einer gefühlten Ewigkeit waren meine Mitsegler angekleidet und mit Rettungswesten sowie Life-Leine im Cockpit. Einzig Michi war noch unten im Salon. Ich machte Peter und Agnes auf die bevorstehende Halse aufmerksam. Sekunden später waren alle auf Position. Peter an der Großschot, Agnes an der Vorschot, ich am Ruder. Nachdem jeder sein „bereit zum Manöver“ meldete, kam die Ansage „Rund Achtern“. Das Manöver hätte keine Minute später erfolgen dürfen, da das Riff bereits zum Greifen nah war. Ich drehte das Ruder im Uhrzeigersinn. Langsam begann Aton sich nach steuerbord zu drehen. Peter holte die Großschot dicht, die Genua begann in sich einzufallen. Plötzlich der Scheitelpunkt, der Großbaum knallte von backbord nach steuerbord, aber dank der Arbeit Peters an der Schot war der Schwoiraum des Baumes derart verkürzt, dass sich der Ruck am Tauwerk in Grenzen hielt. Aber was war mit der Genua passiert? Während unser aller Aufmerksamkeit auf die Großschot gerichtet war, hatte sich die Genua nicht wie geplant hinter der Vorstag durchgeweht, sondern wehte nun vor dem Vorstag und ließ sich deshalb nicht mehr mit der Vorschot dichtziehen. Nach mehreren Versuchen, es doch noch zu schaffen, kamen wir zu dem Schluss, eine weitere Halse zu machen, um das Vorsegel zurückwehen zu lassen. Also wieder alle Mann an die Posten, Peter an der Großschot, Agnes an der Vorschot und ich am Ruder. Als wir nun gerade dabei waren, das Vorsegel in die richtige Position zu bringen, um auf den angepeilten Kurs zu gehen, kahm eine sehr starke Windböe und fuhr dermaßen in unsere Genua, dass die Steuerbord-Vorschot trotz Achterknoten durch die Umlenkrolle gezogen und um unser Schiff gepeitscht wurde. Somit waren wir nun ohne Vorsegel. Damit war für mich klar, dass wir unser Segelvorhaben für heute beenden mussten. Wir bargen so gut es ging die Segel und fuhren mit dem Motor zurück zu unserem Ausgangspunkt.

Michi

Als ich unter Deck beschäftigt war, neigte sich Aton plötzlich stark zur Seite. Geschirr schepperte in den Schränken, und ich versuchte, mich so gut es ging festzuhalten. Dies geht in unserem Salon recht gut, da die Laufwege durch die Rückseite der Sitzbank, bzw. durch die Hinterseite unserer U-Küche seitlich begrenzt sind. Ich dachte mir nichts dabei (weiß ich ja aus Erfahrung, dass eine solche Schräglage entsteht, wenn Segel gesetzt werden), als plötzlich die gleiche heftige Schiffsbewegung in die andere Richtung einsetzte. Als ich ins Cockpit kam, sah ich unser Vorsegel „führerlos“ vor dem Vorstag schlagen. Außerdem regnete es plötzlich so heftig, dass ein Sturzbach durch den Niedergang in den Salon hereinlief, und der Rest der Crew auf Deck schon pitschnass war. Ich versuchte schnell, die Wasserpfütze aufzuwischen, und gesellte mich dann zu den anderen ins Cockpit. Wir beschlossen, die Segel zu bergen, und zurückzufahren, da wir ohne funktionierendes Vorsegel, und bei starkem Wind und Regen, auf dem Atlantik  schlechte Karten hätten. Also wieder zurück zur Westseite von Stocking Island. Der Regenguss hörte genauso schnell wieder auf, als er begonnen hatte. Wir suchten uns einen schönen Ankerplatz und beschlossen, den angefangenen Tag mit einer Exkursion auf der Insel fortzusetzen. Also alle Mann ins Dinghi, und an den nahen, wunderschönen pudrig-weißen Sandstrand gefahren. Von dort ging ein Pfad in den Palmenwald, der vielversprechend aussah. Als wir gerade 100  Meter gegangen waren, realisierten wir den Angriff einer ganzen Horde von Mosquitos. Sie saßen schon auf Peter`s Arm, und ich war bereits einige Male gestochen. „Schnell zurück zum Strand“, sagte ich, und wir rannten wieder zum Strand, wo aufgrund des Windes keinerlei blutrünstiges Krabbelgetier zu finden war. Wir sind ja flexibel, also gingen wir am Strand und der Küste ein Stück die Insel entlang.

08.03.2019 Die Binnenuhus sind da

08.03.2019 Die Binnenuhus sind da

Hallo Leute, wahrscheinlich wartet Ihr schon auf das nächste Lebenszeichen von uns. Also, wir leben noch (und nicht schlecht), sind aber seit Franz` Geburtstag selten zum Schreiben gekommen.

Wir schauten, dass wir die gut 40 Seemeilen auf dem Atlantik, die wir bis Georgetown noch hatten, möglichst ohne Gegenwind hinter uns bringen. Dies ist aufgrund des beständigen Passatwindes, der immer aus Osten bläst, ein Glücksspiel. Wir haben das Spiel aber gewonnen, und sind das größte Stück bei einem Am-Wind-Kurs von Nord-Ost gesegelt. Kurz vor Georgetown, wo wir einige Tage später unseren nächsten Besuch erwarteten, blieben wir für drei Nächte in einer sehr schönen Bucht. Von drei Seiten durch Inseln geschützt, hatten wir einen schönen, weißen Sandstrand direkt vor der Nase, und außer uns nur maximal noch ein anderes Schiff in der Bucht. Da wir in der „Stadt“ (die nicht wirklich eine ist) Einiges zu erledigen hatten, fuhren wir mit dem Dinghi ca. eine halbe Stunde dorthin. Keine Angst, alles ist gutgegangen: Sprit hat gereicht, Paddel für den Notfall waren dabei, der Außenborder hat keine Zicken gemacht. In Georgetown gibt es ein Ankerfeld und einen witzigen Dinghi-Anleger, für den man durch einen kleinen Felsentunnel in einen inwärtig gelegenen See fährt. Es gibt eine Bank, einen Supermarkt, einen Liquor-Shop (aber Alkohol ist nur was für die reichen Jachties), eine Tankstelle (leider nicht mit dem Schiff zu erreichen), und mehrere kleine Bars und Geschäfte. Wir wollten checken, ob man irgendwo Taucher-Ausrüstung leihen kann, weil Franz den Pitch (also die Ausrichtung) des Propellers unter dem Boot optimieren wollte. „Ich quatsch mal den Rasta-Man dort in der Bar an“, sagte er und ging schnurstracks auf einen jungen Mann zu, der unbedarft dort saß. Ihr glaubt es nicht, aber der arbeitete tatsächlich in einer Taucher-Basis in der Stadt. Das ist mal ein Glück, oder? Er wusste die Telefon-Nummer auswendig, und sagte uns, wir sollen dort morgen mal bei seiner Chefin, Tamara, anrufen. Wir verbrachten den Rest des Tages an „unserem“ Strand, und riefen anderntags an. Die sehr nette Tamara bot uns an, am nächsten Morgen die Taucherflasche abzuholen. Also fuhr Franz wieder mit dem Dinghi den weiten Weg in die Stadt. Ich wunderte mich schon, warum das gar so lange dauert, als ich ihn nach gefühlten Stunden paddelnder Weise wieder in die Bucht kommen sah. Er musste zwischendrin Benzin nachfüllen (ja, er hatte auch eins dabei!), aber dann ist der Außenborder nicht mehr angesprungen. Gottseidank war er schon auf dem Heimweg, und der Wind und die Welle waren mit ihm; außerdem hat er, bedingt durch seine „neue Figur“, jetzt auch die Motivation, diese durch Bewegung zu erhalten. Er hat es also mit Humor und Gelassenheit genommen, und ist gepaddelt. Früher hätte ihn das garantiert ziemlich geärgert, vor allem, weil es umsonst war, denn die Taucherflasche war zwar da, aber kein Lungen-Automat (also das Mundstück dazu), so dass er mit leeren Händen wiedergekommen ist. Tamara konnte aber nichts dafür, weil sie nicht wusste, dass wir diesen auch brauchen. Sie bot uns dann telefonisch an, am nächsten Morgen vorbeizukommen. Dieses Mal fuhren wir aber mit unserem Schiff und ankerten direkt vor der Tauch-Basis. Als wir die Sachen hatten, legte Franz alles an (unser Tauchkurs ist ungefähr 30 Jahre her), und tauchte unter das Schiff. Leider waren die Schrauben, die er lösen wollte, so sehr mit Muschelkalk eingewachsen, dass er nicht riskieren wollte, diese abzureißen. Nach etwa 15 Minuten brach er die Aktion also wieder ab, und wir brachten das ganze Zeug zurück. Da wir eigentlich für 24 Stunden bereits gezahlt hatten, hofften wir, einen Teil der Geräte-Miete wieder zu bekommen. Netterweise bekamen wir das ganze Geld und ein Lächeln noch dazu. Jonathan (der Typ aus der Bar) bot sogar noch an, zu helfen, aber Franz sagte, es hat keinen Wert, da die Schrauben mit Chemie erst zugänglich gemacht werden müssen, und das geht unter Wasser ja nicht.

Da ein strenger Ostwind vorausgesagt war, verlegten wir uns auf die Westseite der gegenüber liegenden Insel, wo eine große „Segel-Community“ bereits vor Anker lag (ca. 200 Schiffe). Ich schwamm spätnachmittags noch zum Strand, wo ich beinahe auf einige Rochen getreten wäre, die dort ihre Kreise zogen. Es gab eine Conch-Bar (ihr erinnert Euch, die Seeschnecken, die eine bahamische Spezialität sind), und hinter dieser Hütte wurden die Schneckenhäuser einfach ins Wasser geschmissen. Ich denke, die Rochen fressen da die Reste, die noch dranhängen.

Einige Tage später kamen dann Peter und Agnes (die im Blog den Namen Binnenuhus haben) nach Georgetown geflogen. Wir hatten unser Schiff nun wieder direkt vor die Stadt verlegt, weil aufgrund des recht lebhaften Ostwindes, eine ziemlich hohe Welle anstand, und klar war, dass der Dinghi-Transport so kurz wie möglich sein sollte, da er recht feucht zu werden versprach. Wir fuhren zeitig los (auf dem Hinweg noch mit der Welle), da wir die Happy-Hour an der Bar noch ausnutzen wollten. Leider kam eine Nachricht, dass der Flug Verspätung hat, und so entschlossen wir uns, Franz fährt mich zurück, damit er dann nicht noch zweimal fahren muss. Unser Dinghi ist nämlich nicht sehr groß (zugelassen für 3 Personen), und Reisegepäck war ja auch noch dabei. So kam ich in den Genuss, pitschpatsch-nass bis auf die Haut, und gut durchgesalzen, wieder am Schiff anzukommen. Ich gab Franz noch die große Dinghi-Abdeckung mit, damit unser Besuch was hat, um sich und das Gepäck abzudecken. Das klappte ganz gut, und nach noch zwei Fahrten waren alle wieder glücklich und einigermaßen trocken an Bord. Wir hatten eine tolle Bescherung mit den mitgebrachten Köstlichkeiten (das ist wirklich wie Weihnachten und Ostern zusammen, wenn man u. a. frisches Pfister-Brot, Brotback-Mischungen, Dosen-Wurst und viiiiiiiel Schokolade bekommt), und saßen noch lange zusammen.

 

 

Innenansichten einer (unserer) Weltreise

Innenansichten einer (unserer) Weltreise

Franz:

Nachdem wir nun mehr als 3 Monate auf unserem Segelschiff leben und bereits mehr als 2 Monate damit unterwegs sind, wage ich es, eine Zwischenbilanz zu ziehen. Was hat diese Reise mit uns (mir) gemacht? Wie hat sie uns und unser Leben verändert? Wie kommen wir damit klar?

Ich habe mir vorgenommen, schonungslos sowohl die positiven, als auch die negativen Aspekte darzulegen. Denn nur so kann eine objektive Darstellung der Dinge gelingen.

Lebensraum:

Ich möchte mit dem Leben auf engstem Raum beginnen. In unserem Haus hatten wir knapp 180 m/2 Wohnfläche, zuzüglich eines sehr großen Gartens zur Verfügung. Dort hatten wir reichlich Raum, um uns gegenseitig aus dem Weg zu gehen. Jeder hatte seine Privatsphäre. Wir konnten uns im Spannungsfall zurückziehen. Bei der Planung unserer Reise und dem Kauf unseres Schiffes hatten wir die allergrößten Bedenken, dass wir durch die Lebensraumreduzierung auf knapp 40 m/2 mögliche Konflikte quasi heraufbeschwören würden.

Ja, diese Enge ist wirklich eine Herausforderung. Obwohl wir uns mittlerweile recht gut organisiert haben, stellen wir dennoch nahezu täglich fest, dass die Enge bei den häuslichen Tätigkeiten wie kochen, waschen etc. sehr hinderlich und nervig ist. Wenn dann beim Hantieren auf engsten Raum auch noch ein rücksichtsloser Motorbootfahrer mit überhöhter Geschwindigkeit sehr nah an uns vorbeifährt und dessen Schwell unser Schiff erreicht, können schon mal die Gefühle aufwallen und unanständige Worte fallen. Was allerdings die Privatsphäre betrifft, kann ich Entwarnung geben. Aufgrund der Enge muss zwar jeder von uns Kompromisse eingehen und so manches Mal zurückstecken. Dennoch glaube ich, dass darin einer der Gründe zu suchen ist, dass wir eine Kultur der gegenseitigen Rücksichtnahme und Respekt entwickelten.

Partnerschaft:

In einer durchschnittlichen Partnerschaft läuft es in der Regel so ab, dass jeder seinem Beruf nachgeht. Somit ist man meist 8 oder mehr Stunden mit Arbeitskollegen, Kunden oder Geschäftspartnern konfrontiert. Abends erzählt man dem Partner dann, was sich tagsüber im Beruf ereignet hat. Bei einer Reise, wie der unseren, haben wir eine 24/7 Beziehung. Wir stehen miteinander auf, wir durchleben den ganzen Tag zusammen und abends gehen wir dann zusammen ins Bett. Solch ein Tagesablauf hat schon so manche Beziehung, welche beispielsweise durch den Renteneintritt eines Partners damit konfrontiert wurde, an den Rand des Scheiterns gebracht.

Hier kommt uns zu Gute, dass wir als ein ehemaliges Unternehmerpaar durchaus eine 24/7 Beziehung kannten. Während jedoch in unserem Arbeitsleben diese in negativer Erinnerung blieb, kann ich nun sagen, dass wir uns neu gefunden haben und diese Zeit gemeinsam genießen. Hierbei empfinden wir sehr intensiv den Umstand, soviel Zeit zu haben, keinen Druck, irgendetwas erledigen zu müssen, keine Termine, einfach nur wir.

Erfüllung:

Wenn man sein Leben lang im Arbeitsleben aktiv war und in seiner Tätigkeit Erfüllung gefunden hat, stellt man sich unweigerlich die Frage: was tue ich den lieben, langen Tag auf einem Schiff. Komme ich mit dem „Nichts tun“ klar? Wird mir nach kürzester Zeit langweilig? Falle ich womöglich in ein Loch? Werde ich am Ende depressiv?

Auch hierbei kann ich Entwarnung geben. Man findet sehr schnell seinen Rhythmus. Man steht auf, wenn man wach ist, ein gemeinsames Frühstück, man spricht durch, was dringend erledigt werden soll und bespricht, wer was macht, abspülen, Morgentoilette, dann die angesprochenen Arbeiten, Mittagessen, baden, schnorcheln, etc., Abendessen, Sundowner, ein Buch lesen. Wenn man müde ist, geht man ins Bett. Zeit spielt eine untergeordnete Rolle. Aus diesem Grunde trage ich mittlerweile keine Armbanduhr mehr! 

Lebensqualität:

Jeder, und da nehme ich mich ganz bestimmt nicht aus, gewöhnt sich über die Jahre gewisse Dinge und Tagesabläufe an, die man nicht mehr missen will. Das Treffen mit Freunden in der Kneipe, der neue Film im Kino, der Cappuccino am Morgen, den Fernseher etc. Kann und will man darauf verzichten? Was kann das Leben an Bord mir (uns) bieten, was einen derartigen Verlust an Lebensqualität rechtfertigt?

Diesen Punkt möchte ich etwas hervorheben. Während früher der Fernseher zum Mittelpunkt des Abends wurde, sitzen wir nun in unserem Cockpit, ein Becher Wein in der Hand und sehen uns gemeinsam die Bucht, den Sternenhimmel (ein fantastisches, allabendliches Ereignis), das Meer (manchmal haben wir Meeresleuchten, ein fluoreszierendes Licht, welches von diversem Plankton erzeugt wird) und die uns umgebende Gegend an. Alleine die Sonnenuntergänge sind nicht zu beschreiben.  Außerdem verzichten wir nicht gänzlich auf das kulturelle Leben, da wir versuchen halbjährlich unsere Familie und Freunde zu besuchen und ein paar Wochen in Deutschland zu verbringen.

Familie:

Wir sind stolze Eltern zweier, erwachsener Söhne. Ich (Franz) habe außerdem noch beide Eltern und vier Geschwister, eine Menge Onkel und Tanten usw. Ich möchte mich durchaus als Familienmensch bezeichnen. Ich liebe es, an großen familiären Festen alle zu treffen. Wie würden sie auf unsere Pläne reagieren? Was würden unsere Kinder, meine Eltern dazu sagen?

Ja das war sehr hart für uns. Allen voran, unseren Kindern zu sagen, dass wir ins Ausland gehen und zu Dauerreisenden werden, gefolgt von unseren Eltern und Freunden. Die Reaktionen waren nahezu durchwegs positiv. Zu Beginn unserer Planung kamen Michi und ich überein, dass wir ein halb-jährliches Breake machen und unsere Familie besuchen. Sollten wichtige Ereignisse wie Krankheiten oder Schlimmeres eintreten, die unsere Anwesenheit in Deutschland erforderten, würden wir unser Vorhaben unterbrechen.

Freunde: 

Ich bin ein sehr gesellschaftssuchender und kommunikativer Mensch mit einer großen Zahl von Freunden. Während meines beruflichen Lebens habe ich meine Freundschaften so gut es ging gepflegt. Würden mich meine Freunde nun verlassen? Wie würden sie reagieren, wenn sie von unseren Plänen erfahren?

Als wir unseren Freunden unsere Pläne mitteilten, waren deren Reaktionen ausnahmslos positiv. Natürlich war eine Wehmut, gerade bei unseren sehr guten Freunden zu spüren. Dennoch freuten sich alle für uns und beglückwünschten uns zu unserem Mut, ein derartiges Vorhaben zu verwirklichen. Mittlerweile begleiten uns nahezu alle unsere Freunde auf unserem Reiseblog. Sehr vielen Dank Euch allen.

 

Arbeit:

Nach einer erfolgreichen Selbstständigkeit wechselte ich gut 2 Jahre vor unserer Reise in eine Tätigkeit, die ich aus ganzem Herzen liebte. Ich hatte sehr nette Kollegen und Chefs, eine ausfüllende und anspruchsvolle Aufgabe, ein ausgesprochen interessantes Tätigkeitsfeld. Ich musste all das aufgeben. Würde ich damit zurechtkommen? Konnten wir den Verdienstausfall kompensieren?

Ja das war sehr hart für mich. Meine Angst, unser Unterfangen würde Seitens meines Arbeitgebers und meiner Vorgesetzen auf Unverständnis stoßen, hat sich allerdings nicht bewahrheitet. Ganz im Gegenteil. Ich wurde von allen Seiten bezüglich unserer Reise beneidet. Mir wurde sogar ein Sabbatical angeboten!!! An dieser Stelle möchte ich mich nochmals sehr bedanken. Da ich nun auf unserem eigenen Schiff bin, sind meine beruflichen Qualitäten sehr nützlich, was sich nahezu täglich bei der Instandhaltung und Instandsetzung der Schiffs-Peripherie bewahrheitet.

Epilog:

Wenn ich (Franz) nun mein Resümee dieser 3 Monate auf Aton ziehe, dann kann ich nur sagen, dass es mir in nie gekannter Form gut geht. Ich bin relaxt und ausgeglichen. Meine Beziehung zu meiner Frau, Partnerin, Co-Skipperin, Begleiterin und Mitstreiterin hat eine vollkommen neue Intensivität erreicht. Auch körperlich fühle ich mich wie ein neuer Mensch. Ich habe abgenommen (wieviel weiß ich mangels Waage nicht) und visuell meine Traumfigur erreicht, obwohl ich keine Diät machte und sportlich auch nicht sonderlich aktiv war. Ich habe keinerlei Mangelerscheinungen, weder physischer noch psychischer Natur. Ich vermisse natürlich unsere Kinder, Eltern, Geschwister und Freunde. Aber dank moderner Kommunikationsmittel können wir trotz diverser Empfangs-probleme immer wieder miteinander sprechen und Informationen austauschen.

Ich würde es sofort wieder tun!