Monat: Mai 2021

Unsere Gastgeber

Unsere Gastgeber

Princess Arguella

Unsere Gastgeber, das englische Paar Simon und Rachel hatten, nachdem sie bereits einige andere Segel-Yachten besessen hatten, mit denen sie hauptsächlich in England und im Mittelmeer gesegelt waren, die Princess Arguella gekauft. Die Princess ist eine 55 Fuß (also ca. 18 m) lange Segel-Yacht der Marke Oyster. Das ist eine Edelmarke, vergleichbar mit dem Bentley in der Automobil-Branche (sagt Franz). Ein schönes, schnelles und seegängiges Schiff mit Platz für bis zu 8 Personen. Mit ihren 25 Jahren ist es nur zwei Jahre jünger als unsere Aton, aber super gepflegt und sehr  gut in Schuss.

Im Interview-Stil beschreiben die beiden auf ihrer Webseite https://sailingprincessarguella.co.uk die Princess und sich selbst so:

DAS SCHIFF

Was für ein Boot ist sie?

Princess Arguella ist eine Oyster 55, ein klassisches Holman and Pye-Design aus Ipswich (Hull 40). Als Cutter Rig mit In-Mast-Rolling können alle Segel vom mittleren Cockpit aus gesteuert werden. Es können 8 Personen in vier Kabinen schlafen und sie ist mit einer Klimaanlage, einem Wassermacher und einem Perkins M90-Motor mit 85 PS sowie einem 6-kW-Generator ausgestattet.

Warum hast du sie gekauft?

Weil ich ein Bett wollte, in das ich von der Seite kommen konnte. Die Oyster 55 verfügt über eine Master-Achterkabine mit einem geräumigen Doppelbett, sodass wir zu beiden Seiten ein- und aussteigen können, ohne Bootsyoga zu machen.

Was ist ihr Segelplan?

Sie hat zwei Genua (eines neu, eines alt), ein Rollsegel und ein Stehsegel. Für leichtes Segeln bei Wind haben wir eine Kreuzfahrtrutsche. Für die Atlantiküberquerung planen wir, zwei Genua auf dem Vorstag aufzurüsten und mit zwei Abwindsegeln zu segeln.

Welche Upgrades hast du vorgenommen?

Neue Segel von Kemp (Genua, Segel bleiben und Haupt), neue Bimini und Spritzhaube mit Seitenwänden, Motorüberholung, Generator komplett gewartet, neuer Ladegerät-Wechselrichter installiert, neue Lauf-Takelage, Kettenplatten ersetzt, din Rumpf mit Gel  5-fach beschichtet und epoxidbeschichtet, neuer 55-Kilo-Rocna-Anker, neue Edelstahlverstärkung des Rudergehäuses, montierter AIS-Transponder und -Empfänger, Limousinen- und Kabinenbeleuchtung durch LED-Leuchten ersetzt, LED-Navigationsleuchten installiert, Autopilot gewartet, neuer maßgeschneiderter Vorratsbehälter installiert, neue AGM Batteriebank und Starterbatterie und noch mehr!

Was sind ihre Stärken und Schwächen?

Dieses Boot dient seit Jahren als Medizinboot im geschütztesten Teil des Ionischen Meeres und obwohl es sehr angenehm ist, durch die Buchten zu fahren, ist es für das Segeln auf dem Meer gebaut. Sie lässt sich nicht leicht nach achtern (also rückwärts) steuern und es ist schwierig, mit einer Brise am Bug in die Liegeplätze des Yachthafens zurückzufahren, da Ruder und Kiel am Skeg hängen. Sie verfolgt jedoch wunderschön jede Art von Dünung und ist ein echtes Kreuzfahrtboot im Blauwasser, das bei jedem Wetter bequem und sicher ist. Sie ermöglicht ein bequemes Bootsleben, ist geräumig, hat großzügige Schließfächer, insbesondere dem Lazarette, dem großen Schließfach am Heck.

Wo hast du vor, sie zu segeln?

Von Korfu nach Gibraltar im Sommer 2018, dann auf die Kanaren zum Atlantic Rally Crossing Plus und Zwischenstopps auf Kap Verde, bevor wir die lange Reise über den Atlantik nach St. Lucia in der Karibik unternehmen. Danach haben wir keine konkreten Pläne, werden aber wahrscheinlich die karibische Inselkette hinaufkreuzen, um im Sommer 2019 über den Atlantik nach Europa zurückzukehren.

DIE CREW

Der Skipper

Simon Coates-Walker segelt seit seiner Kindheit mit seinem Vater Ronnie. Tatsächlich war eine seiner frühesten Erinnerungen, dass sein Vater eine Pinne in seine Hände legte und ihm sagte: „Hier, halt das“. Mit achtzehn Jahren machte er seinen Abschluss als Yacht Master Offshore-Theoretiker, einer der jüngsten Menschen in Großbritannien, der dies zu dieser Zeit tat. In jüngerer Zeit war er Eigentümer und Skipper von Thursday Island, einer Benetteau Oceanis 381, die er jeden Sommer um die Solent herumführte, wo sie aufbewahrt wurde, und über den Kanal nach Nordfrankreich, auf die Kanalinseln und in die Bretagne. Er hatte den Traum, ein Jahr Pause (oder länger) zu machen und ernsthaft in Klimazonen zu segeln, in denen nur ein T-Shirt erforderlich ist (falls dies der Fall ist). Nachdem er beinahe eine Northwind 56 und einen Contest 48 gekauft hatte, kaufte er im Juni 2017 Prinzessin Arguella, eine Oyster 55 auf Korfu. Dann begann das umfangreiche Projekt, das Boot für ein Leben an Bord vor Anker vorzubereiten. Er genießt es, neue Leute aus allen Lebensbereichen kennenzulernen und neue Fähigkeiten zu erlernen (zum Glück!)

Der Co-Skipper

Rachel Parker segelt seit sie Simon vor über zehn Jahren getroffen hat. Sie wurde zuerst mit Auslandsferien in der Türkei und in Antigua zum Segeln überredet, segelte bei Sun Sail und dann auf Thursday Island. Sie weist gerne darauf hin, dass sie mehr Qualifikationen als der Skipper hat, da Simon nie seine Papierarbeit gemacht hat, um seine Yacht Master Practical Prüfung zu erhalten! Für die Yachthäfen, die das internationale Kompetenzzertifikat benötigen, wird sie zum Skipper befördert. Sie genießt das Leben im Freien und ist begeistert von diesem einmaligen Abenteuer!

Unser neues Abenteuer

Unser neues Abenteuer

Michi

Seit unserer Rückkehr in ein „normales“ Leben im Juni 2020 haben wir natürlich nie aufgehört, an eine Fortführung unserer Aton-Reise zu denken. Die nicht besser werdende Situation mit meinen Eltern und die auf- und ab schwappenden Corona-Wellen machten es uns aber nicht leicht, eine Entscheidung zu fällen. Sollen wir unser Schiff verkaufen? Angesichts der Reise-Einschränkungen wegen Corona in der Karibik und auf der ganzen Welt wird dies momentan aber wahrscheinlich schwierig werden. Wer kauft schon ein seegängiges Schiff, das für große Fahrt ausgestattet ist, und kann dann nicht reisen? Sollen wir Aton nach Europa holen? Das hätte auch seine Reize, schließlich gibt es hier auch sehr schöne Segelgebiete, wie z. B. Irland, England, Norwegen, die Ostsee-Runde und natürlich das Mittelmeer mit all seinen Anlieger-Staaten und Inseln. Da wären wir dann zur Not auch schnell wieder zuhause. Mal sehen – wir lassen uns mit dieser Entscheidung noch Zeit und sehen, wie sich alles entwickelt.

In der Zwischenzeit ging ich fleißig arbeiten und Franz hielt mir im Haushalt und bei der Senioren-Betreuung den Rücken frei. Oft sprachen wir über unsere wunderschönen Erinnerungen und aufregenden Erlebnisse unserer Reise. Nichtsdestotrotz waren wir aber auch sehr glücklich, dass wir in Deutschland waren. Unsere Freunde, die mit ihren Schiffen in der Karibik geblieben waren, warteten dort mehr oder weniger untätig, bis sich die Lage wieder soweit besserte und eine Weiterreise wieder unkompliziert möglich sein wird. Nur John und Wendy waren, nachdem sie ihre Headway in Grenada sicher an einer Boje zurückgelassen hatten, im Herbst zurück nach Südafrika geflogen. Gerade noch rechtzeitig zur Geburt ihres ersten Enkels. Bei unseren regelmäßigen Telefonaten teilten sie uns ihre Entscheidung mit, dass sie diesen Sommer noch zu Hause bleiben wollten, und dann evtl. im Herbst wieder zurück in die Karibik fliegen wollten, falls sich die Lage bis dahin entspannt hat.

Auch mit Simon und Rachel, die wir wie die meisten unserer Freunde in Trinidad getroffen hatten, tauschten wir uns regelmäßig aus. Sie hatten schon länger den Wunsch, ihre Yacht, die Princess Arguella, nach Europa zurück zu bringen. Nun schien dieser Wunsch sich in einen konkreten Plan entwickelt zu haben, denn bei einem Telefonat sagten sie uns, dass sie auf der Suche nach einer Crew wären, dies aber in diesen Zeiten sehr schwierig sei. Dazu muss man wissen, dass eine Atlantik-Überquerung von Ost (meistens ist der Startpunkt irgendwo in den Kanaren) nach West seglerisch eine relativ einfache Angelegenheit ist. Man setzt die Segel, wartet circa drei Wochen und wird vom beständig wehenden Passat automatisch in die Karibik geblasen. Andersherum aber, also von West nach Ost, sieht die Sache ganz anders aus. Hier kann einem wettertechnisch so gut wie alles begegnen: Flaute, Starkwind oder Sturm. Man muss die Route gut planen, um den optimalen Wind zu erwischen und die Wahrscheinlichkeit, dass relativ viele Segelmanöver gefahren werden müssen, ist hoch. Manche Segler machen das ganz alleine, aber generell ist eine Crew von mindestens drei bis vier erfahrenen Seglern einfach viel sicherer und bequemer. So wechselt man sich ab mit der Ruderwache, und es gibt immer genügend Zeit, sich zu erholen und zu schlafen.

Ja und ratet mal, wer hier sofort die Hand hochhob und sich als Crew anbot? Captain Franz natürlich. Er bot sich sofort an, weil so eine Ozean-Überquerung natürlich für jeden Segler eine einmalige Erfahrung ist. Außerdem, so versuchte er meine anfängliche Skepsis (oder war es eher Neid) zu zerstreuen, wäre das eine Chance, für eine eventuelle Überfahrt mit unserer Aton nach Europa bei so einem erfahrenen Skipper wie Simon eine Menge zu lernen. Da hatte er natürlich Recht. Simon und Rachel waren total begeistert, schließlich stand Franz als hoch geschätzter Freund, Segler, Koch und vor allem als Mechaniker und Schiffs-Elektriker ganz oben auf ihrer Crew-Wunschliste. Simon ist nämlich als ehemaliger Manager nicht wirklich technisch versiert, und wie ihr als treue Blog-Leser wisst, geht ständig irgendetwas kaputt an einem Schiff.

Ich musste mich also mit dem Gedanken vertraut machen, dass mein Schatz demnächst für einige Wochen wieder Seeluft schnuppern und ein großes Abenteuer erleben wird, während ich brav in die Arbeit gehen werde. Dabei wollte ich doch nichts mehr, als auch mal wieder dieses intensive Glücksgefühl zu spüren, unter einem atemberaubenden Sternenhimmel durchs Wasser zu schneiden, oder den Tag einfach auf mich zukommen zu lassen, ohne zu wissen, wo ich am Abend sein werde, oder einfach einmal zu erleben, wie es ist, ganz auf sich selbst gestellt zu sein und  über Wochen nichts als Wasser um sich zu haben. Würde ich es lieben oder hassen? Wäre es atemberaubend oder langweilig? Kämen wir als Team über Wochen in einem engen Schiff zurecht, oder würde ich mir wünschen, ganz woanders zu sein? Egal, was dabei rauskommt, ich würde es nur erfahren, wenn ich es mache.  Ich fing an, einen Plan zu schmieden, wie ich arbeitstechnisch eine längere Auszeit nehmen könnte, ohne dass mein Chef deswegen kollabiert. Dass ich seit 8 Monaten keinen einzigen Tag Urlaub, und dafür 150 Überstunden aufgebaut hatte, war natürlich auch ein Argument. Frechheit siegt, dachte ich mir, und sprach mein Vorhaben an. Tatsächlich war mein Boss gar nicht so schockiert, wie ich gedacht hatte. Er wollte „nur“, dass ich noch dies und jenes vorher fertig mache, und gab mir sofort das okay. Ich freute mich tierisch, und Simon und Rachel auch.