25/26.01.19

25/26.01.19

Franz:

Mist, wir haben verschlafen! Kurz nach sechs Uhr in der Früh klopft Frank (er und Birgit von der Cayluna wollen gemeinsam mit uns dieses Teilstück segeln) an unseren Schiffsrumpf. „Sorry Frank, wir beeilen uns“. In Windeseile ziehen wir etwas über, richten uns her, machen das Schiff klar und legen ab. Es ist noch stockdunkel, als wir die enge Hafenausfahrt passieren. Bereits nach wenigen Metern fällt hier der Grund auf mehrere hundert Meter Tiefe ab. Glücklicherweise haben wir in den Bahamas nicht das Problem, auf Krabbenreusen achten zu müssen, wie in Florida (ein wahrer Albtraum für Yachties). Nach der Ausfahrt fallen wir nach Süden ab und motoren mit Unterstützung der Genua (großes Vorsegel) mit stolzen 8,5 Knoten Richtung Cat Cay. Kurz vor Cat Cay legen wir abermals einen neuen Kurs Richtung Südwest an. Die Durchfahrt hier wird bereits sehr anspruchsvoll, da der sehr Tiefe Grund des Northwest Channel ansteigt auf teilweise einen Meter, und wir uns ab nun auf der Great Bahama Bank (einem von Korallen gebildeten und versandeten Plateau) befinden. Ab jetzt müssen wir sehr genau navigieren, da das Fahrwasser teilweise sehr eng ist. Nachdem wir die Durchfahrt passiert hatten,  drehten wir das Schiff in den Wind und setzten unser Großsegel. Und nun war Spaßsegeln angesagt. Bei etwa um die 20 Knoten Wind ging es nun in Rauschefahrt über smaragdgrünes, kristallklares Meer, unserem nächsten Ziel, Nassau, entgegen. Hier beweist Aton seine Stärke. Durch die Möglichkeit, Kiel und Ruder hydraulisch anzuheben, und somit unseren Tiefgang auf etwas weniger als einen Meter zu verringern, können wir mühelos der Cayluna (einem Fahrtenkatamaran ) folgen. Das Fahrwasser ist teilweise nur 1,8 Meter tief, was von normalen Kielbooten meistens nicht angefahren werden kann. Nachdem ein angekündigtes Sturmtief sich früher als prophezeit über uns aufbaut, beschließen wir, die Nacht in einer windabgewandten Bucht von Chub Cay zu verbringen. Unsere Mitsegler von der Cayluna hingegen segeln derweilen weiter, und erreichen Nassau gegen 23 Uhr abends, wie sie uns tagsdarauf berichten. Da hier in den Tropen die Nacht früh und schlagartig beginnt, ist es auch bei unserem Einlaufen in der Bucht in Chub Cay stockdunkel. Wir navigieren uns zwischen den Riffen, den Fischerbooten und den Ankerliegern hindurch, und bringen unseren Anker aus. Geschafft, 86,9 nautische Meilen haben wir mit teilweise bis zu 9 Knoten Fahrt hinter uns gebracht. Nun heißt es schlafen gehen und früh wieder raus, da wir vor dem Sturm Nassau erreichen wollen. Wir liegen schon im Bett, als wir durch seltsam schabende Geräusche wach werden. Das auch noch, unser Anker slippt. Also wieder raus, die Taschenlampen an, Motor an, Anker hoch und einen neuen Ankerplatz suchen. Mitten in der Nacht bei Null Sicht (bewölkt, kein Mondschein) ist so ein Manöver an einer Koralleninsel nicht einfach, wie ihr Euch denken könnt. Doch wir werden fündig. Den Anker nochmals richtig einfahren, das Ankerwache-App aktiviert, und ab in die Koje.

Um 03:30 Uhr wecken uns unsere beiden Handywecker. Das passiert uns nicht nochmal, dass wir verschlafen. Diesmal bereiten wir unsere Abfahrt nicht mehr so überstürzt vor. Motor an, Großsegel hoch,  Anker auf und Michi am Ruder lässt Aton in den Wind abfallen. Unter Segel und Motor gleiten wir bei stockdunkler Nacht aus der Bucht. Ich stehe mit dem Handscheinwerfer bewaffnet auf dem Vordeck und leite Michi mit dem Handfunkgerät ins freie Wasser hinaus. Sowie wir aus der Landabdeckung herauskommen, fällt eine mächtige Brise über unser Schiff her. Schnell ist die Genua gesetzt und der Kurs nach Nassau angelegt. Bei halbem Wind geht es mit 8,5 Knoten Richtung Südost. Wir genießen beide die Fahrt in den beginnenden Morgen. Die einzigen Geräusche sind der Wind und das Rauschen des verdrängten Wassers. Die anfängliche Unsicherheit, welche uns bei nächtlichen Fahrten befallen hat, ist einer grenzenlosen Zufriedenheit gewichen, in welcher wir dieser natürlichen Kraft des Windes lauschen, und die rythmischen Bewegungen Atons durchs Wasser genießen. Schweigend und in sich versunken genießt jeder von uns diese Augenblicke. Leider frischt der Wind aber mehr und mehr auf. Der Sturm kommt wieder einmal früher als erwartet. Zuerst reffen wir die Genua. Als es immer mehr und stärker böht, entschließen wir uns, das Großsegel zu reffen. Während Michi am Ruder unter Maschine versucht, das Schiff im Wind zu halten, lasse ich das Großsegel ins Lazy fallen. Als ich den Reffbänsel eingehängt und das Groß dichtziehen will, sehe ich, dass sich die Reffleinen unentwirrbar verknotet hatten. Also bergen wir das Großsegel komplett, was sich spähter als gute Entscheidung herausstellte. Der Wind wird immer stärker, die Wellen immer höher. Mit gereffter Genua fliegen wir mit 8,5 Knoten Richtung Nassau. Hier beweist Aton abermals ihre Stärken. Träge und unaufgeregt pflügt das 24- Tonnen-Schiff in stoischer Ruhe durch die vom Sturm aufgewühlte See. Nur einmal wirft uns eine besonders Welle auf die Seite; Aton  beeindruckt aber auch das nicht besonders. Gischt weht uns von den meterhohen Schaumkronen der Wellenberge ins Gesicht. Nach einem mehrstündigen Ritt auf den Wellen erreichen wir, müde und abgekämpft aber glücklich und mit uns zufrieden, den Hafen von Nassau. Vorbei am Kreuzfahrtterminal (dem größten, den ich jehmals gesehen habe), lassen wir unseren Anker gegen 10 Uhr Vormittags im Hafenbecken fallen.
Hallo Nassau, wir kommen!


6 Replies to “25/26.01.19”

  1. Hallo ihr beiden, schön und aufregend euch zu verfolgen! Puuh, ich glaub bei den Stürmen hätt ich ganz schön sch… und bestimmt würden wir alle an der Reling hängen…? aber ihr seid ja Profis. In der Nacht segeln stell ich mir schwierig vor. Alle Achtung, Respekt! Euch noch viele sichere Fahrten und liebe Grüße, auch von Walter und Manuela…Patricia

    1. Liebe Trixi, ich fühle mich immer schon auf und im Wasser wohl, und bin auch kein ängstlicher Mensch. Und gottseidank bin ich auch nicht seekrankanfällig. Tatsächlich bin ich bei unserer Überfahrt auch längere Zeit unter Deck am Funkgerät gewesen, um mit Nassau`s Hafenmeister Kontakt aufzunehmen, ohne dass mir bei dem rauhen Seegang schlecht wurde. Und Franz, da brauchen wir gar nicht drüber reden. Der ist sowas von seefest. Die Segelei ist nicht für jeden was, aber wenn man sich wohlfühlt und keine Angst hat, ist es umso schöner. Aber jedem das Seine. Ganz liebe Grüße, auch an Walter und Manuela !

  2. Hi Michi und Franz,
    ganz heiße Kiste Eure Überfahrt nach Nassau – Eure Berichte werden immer spannender und lassen uns Eure Erlebnisse super mitfühlen! Weiter so …
    Liebe Grüße (sind grad auf dem Weg zur boot in D-Dorf)
    Isabella und Hermann

    1. Hallo Isabella, wenn einer das mitfühlen kann, dann ihr als alte Segler. Wir hoffen, Ihr seid alle gesund und munter und habt das Neue Jahr gut angefangen. Vielleicht klappt`s ja mal mit einem Besuch auf unserer Aton, dann könnten wir zusammen über die Inseln joggen. Viel Spaß auf der BOOT. Vielen Dank für Deine Nachricht. Michi

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